(Sehr) schlechte Beispiele
Würde ich nach einem Beispiel für Wüstenbildung und Dürre in Deutschland suchen, würde mir die Lieberoser Wüste ziemlich zuletzt einfallen. Denn bei dieser handelt es sich um eine rund fünf km3 große sandige Offenfläche innerhalb der Lieberoser Heide (brandenburgische Niederlausitz), die 1942 durch einen großen Waldbrand entstand und zu DDR-Zeiten Kern des sowjetischen Truppenübungsplatzes Lieberose war. Die ständige Nutzung mit schwerem militärischen Gerät sorgte dafür, daß das Gelände dauerhaft offen blieb und sich zu einer sogenannten Panzerwüste entwickelte. Nach dem endgültigen Abzug der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland blieb das Gelände seit 1994 weitgehend sich selbst überlassen und ist nun Teil des Naturschutzgebiets Lieberoser Endmoräne.
Als Beispiel für klimawandelbedingte Versteppung oder Wüstenbildung taugt das Gebiet mit dieser Geschichte wirklich sehr wenig. Das hätte auch Katrin Göring-Eckardt wissen können, denn es geht aus dem von ihr verlinktem Artikel ganz eindeutig hervor. Aber offenbar war ihr ein alarmistischer Tweet wichtiger als jede Faktentreue.
Ironie der Geschichte: Die gleiche Karin Göring-Eckardt fordert an anderer Stelle gerne das ein, was sie selbst bei passender Gelegenheit unterläßt.
Mit den Worten von Katrin Göring-Eckardt: Stating the obvious: Nicht alles, was im Internet steht, stimmt. Stimmt.
Es ist richtig, daß die Stadt München ihr Trinkwassr aus dem Mangfall- und dem Loisachtal bezieht. Allerdings ist bspw. der Inn-Gletscher, der für die Bildung des Mangfalltales (etwa 80% des Münchner Leitungswassers stammen von dort) ursächlich war, bereits vor über 10.000 Jahren restlos abgschmolzen. Hätte das Probleme verursacht, wäre es bekannt. Gletscherschmelze ist jetzt nichts, was völlig neu wäre.
Freilich darf der klimawandelbedingte Gletscherschwund in den Alpen auch nicht unterschätzt werden. Der ist ganz real, wird für Veränderungen des Wasserhaushaltes der gesamten Region sorgen und gegebenenfalls auch das eine oder andere Problem verursachen. Welche Probleme allerdings konkret, das steht momentan noch völlig in den Sternen. Eine Austrocknung der Stadt München ist nach gegenwärtiger Lage der Dinge jedenfalls nicht zu befürchten. Da kann die Christina Mertens, ansonsten beim Team der Umwelt- und Klimaarbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zuständig für das Umweltmanagement "Grüner Gockel" in Kirchengemeinden und kirchlichen/diakonischen Einrichtungen, unbesorgt sein.
Was ist denn an schlechten Beispielen so schlecht? — Der Verwender hat es doch nur gut gemeint!
In kurz:
An schlechten Beispielen ist schlecht, daß sie schlecht sind.
Was sich liest wie ein Zirkelschluß (und ja auch einer ist), hat einen ganz einfachen Hintergrund: Schlechte Beispiele werden sehr schnell als schlechte Beispiele erkannt und fallen damit sofort auf den Verwender zurück. So macht sich der Verwender nicht nur selbst lächerlich, sondern er schadet darüber hinaus auch noch der Sache, die er zu vertreten vorgibt.
Auch im Jahre 2023 gibt es noch Leute die bestreiten, daß es eine Erderwärmung (ja den Klimawandel überhaupt) gibt. Schlechte Belege (Beispiele) sind nichts weiter als Wasser auf deren Mühlen. Da fällt es diesen Leuten sehr leicht "Alles nur Quatsch!" zu sagen. Und im konkreten Fall haben die dann dummerweise sogar Recht! Es sind die schlechten Beispiele, seien es die Waldbrände oder der Wasserstand des Gardasees, die diese Menschen stetig im Geschäft halten. Ein gut gemeint ändert daran nichts.
Gut gemeint ist fast immer das Gegenteil von gut.
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