Der erfolgreiche Hoax

Was wird eigentlich gebraucht, um erfolgreich eine Falschmeldung zu verbreiten?

  1. Ein Publikum, hungrig auf Neuigkeiten und mit einer gewissen Erwartungshaltung,
  2. Einen Publisher (Verbreiter), der bei diesem Publikum als Autorität oder anderweitig als vertrauenswürdig gilt,
  3. Fotos oder Anderes, die den Hoax scheinbar belegen (nicht unbedingt, macht sich aber immer gut) und
  4. natürlich auch etwas Glück.

So einfach — und mehr nicht — wie Étienne Kleins Proxima Centauri doch recht eindrucksvoll belegt.

Das Publikum

Wir leben in interessanten Zeiten. Klingt wie ein abgedroschener doofer Spruch — und ist es auch. Und auch wieder nicht. Denn wir leben momentan tatsächlich in weit interessanteren Zeiten, als viele Jahre zuvor. Diverse sich überlagernde Krisen (Flüchtlings-, Klima-, Energie- usw.), ganz egal, ob medial herbeigeredet oder nicht, sorgen für ein nachrichtenhungriges, aufnahmebereites Publikum. Spricht die Nachricht gut die Emotionalität an, steigert das die Bereitwilligkeit zur Weiterverbreitung enorm.

Der Publisher

War der (initiale) Verbreiter im Falle des Proxima-Centauri noch ein hoch angesehener Wissenschaftler (der sich einen eher harmlosen Scherz erlaubte), so war es im Falle des vermeintlichen Ablebens von Franz Vranitzky ein, eigentlich, netzweit bekannter italienischer Hochstapler dem es erfolgreich gelang, sich als österreichischer Minister auszugeben.

Ein Wissenschaftler und ein Minister. Woher der Minister sein Vertrauen bezieht, ist an sich ein Rätsel — aber es hat funktioniert. Menschen glauben, was sie wollen. Nicht unbedingt das, was ist.

Etwas Glück

Du bist nicht der Eigentümer Deines Planes. —  Etwas, was man nicht vergessen sollte. Trotz sorgfältigster Planung ist ist die Umsetzung immer noch von einer Reihe von Zufälligkeiten abhängig. Kleine aber gemeine Zufälle, die über Erolg und Mißerfolg entscheiden. Das ist unvermeidbar. Bspw. kann niemand vorhersagen, wann der richtige Zeitpunkt zur Veröffentlichung ist, wann wirklich relevante Multiplikatoren erreicht werden und den Hoax aufgreifen.

Das spricht aber nicht gegen Planung. Die Araber sagen Zuerst binde Dein Kamel an — und dann vertraue auf Allah! Also: Tue was Du kannst — und dann vertraue auf Dein Glück!

Hungersteine

Beim Hungerstein-Tweet handelt es sich natürlich nicht um einen Hoax im eigentlichen Sinne. Dennoch illustriert dieser Tweet recht eindrucksvoll das oben Gesagte:

Der Tweet bekam zweifellos eine enorme Reichweite und somit Aufmerksamkeit. Er stieß auf ein durch die mediale Berichterstattung über Klimakrisen, Dürren usw. gut vorsensibilisiertes Publikum und sprach durch die innewohnende scheinbare Dramatik die emotionale Seite der Rezipienten an. Wahrscheinlich auch durch das Sommerloch begünstigt, fand er nicht nur in reichweitenstarken deutschen Medien wie bspw. dem Spiegel, sondern auch in ausländischen Medien wie bspw. dem spanischen Kanal der BBC Aufmerksamkeit. Daß die im Tweet enthaltenen Fotos überhaupt keine aktuelle Situation dokumentieren — sie stammen aus dem Sommer 2018 —, störte dabei nur wenig.

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