St. Nikolaus von Tolentino

Garofalo, Sankt Nikolaus von Tolentino, der ein Kind wiederbelebt, um. 1530. MET

Zwei Szenen aus dem Leben des Heiligen Nikolaus von Tolentino, gemalt von Benvenuto Tisi Garofalo, eigentlich Benvenuto Tisi genannt Il Garofalo (* 1481, † 1559).

Sie zeigen zwei der vielen dem Heiligen zugeschriebenen Wunder. Eines, bei dem er ein Kind wiederbelebte, das vor seiner Taufe gestorben war und ein anderes, bei dem er sich, obwohl er bettlägerig und krank war, weigerte, gekochte Rebhühner zu essen, die anschließend davonflogen.

Sankt Nikolaus von Tolentino, der die Vögel wiederbelebt, um 1530

Die Bilder waren Teil einer Predella in der Muzzarelli-Kapelle in der Kirche von Sant’Andrea in Ferrara. Die Szenen sind wegen ihrer Lichteffekte und der Schönheit der einfachen Räume, in denen der Heilige seine Wunder vollbringt, bemerkenswert.

Nikolaus von Tolentino (* um 1245, † 1305) war ein Mönch und Prediger der Augustiner-Eremiten. Einmal, als er nach langem Fasten schwach war, hatte er eine Vision der seligen Jungfrau Maria und des heiligen Augustinus, die ihm sagten, er solle ein mit einem Kreuz markiertes und in Wasser getauchtes Brot essen. Dadurch wurde er sofort wieder stärker. Er begann, diese Brote auch an die Kranken zu verteilen, während er zu Maria betete und so die Leidenden heilte. Er verzichtete oft auf sein Brot und trug es stattdessen – gegen den Willen seiner Oberen – in ein Tuch geschlagen zu den Armen. Als er entdeckt wurde, schlug er das Tuch auf und das Brot hatte sich in Rosen verwandelt. Dieses Rosenwunder, eine Wanderlegende, wird auch von den heiligen Elisabeth von Thüringen und Elisabeth von Portugal erzählt. Auch stammt hiervon der augustinische Brauch, das Nikolausbrot zu segnen und zu verteilen. Wenn Nikolaus Wunder bewirkte oder Menschen heilte bat er diejenigen, denen er half, nichts davon zu sagen und erklärte, daß er nur Gottes Werkzeug sei.

Es gibt viele Geschichten und Legenden, die sich auf Nikolaus beziehen. Eine sagt, der Teufel habe ihn einmal mit einem Stock geschlagen, der dann jahrelang in seiner Kirche ausgestellt war. In einer anderen wurde Nikolaus, einem Vegetarier, ein gebratenes Rebhun serviert, für das er das Kreuzzeichen machte und das danach aus einem Fenster davon flog. Neun Passagiere auf einem Schiff, das auf See unterging, sollen ihn um Hilfe gebeten haben. Er erschien dann am Himmel, trug die schwarze Augustinertracht, strahlte goldenes Licht aus, hielt eine Lilie in der linken Hand und bezwang mit der rechten Hand den Sturm. Eine Erscheinung des Heiligen soll einst den brennenden Palast des Dogen von Venedig gerettet haben indem sie ein Stück gesegnetes Brot in die Flammen warf. Es wurde auch berichtet, daß er über hundert tote Kinder wiederbelebt hat, darunter mehrere, die zusammen ertrunken waren.

Nikolaus von Tolentino ist der Schutzpatron der Armen und der Kriminellen. Er arbeitete daran, dem Verfall von Moral und Religion entgegenzuwirken, der mit der Entwicklung des Stadtlebens im späten 13. Jahrhundert einherging.

(Eine Wanderlegende ist eine Legende, die über verschiedene Personen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten erzählt wird. Sie ist im Kern immer wieder gleich, unterscheidet sich aber in Ausschmückungen und spezifischen Anpassungen. Ein moderner Ausdruck hierfür ist Urban Legend.)

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