Josephine und der Zar?

Nicolas Gosse, Napoleon empfängt mit Alexander (3. v. re.) den österreichischen Botschafter in Erfurt

Alexander I. von Russland und Napoleon Bonaparte hatten eine lange und schwierige Beziehung. Napoleon wollte der Schwager von Zar Alexander werden — und hielt nacheinander um die Hand von dessen Schwestern an. Ohne Erfolg. Aber könnten stattdessen Alexander und Joséphine de Beauharnais, die zweite Frau Napoleons eine Affaire gehabt haben?

Erstmalig trafen sich Alexander I. und Joséphine 1808 in Erfurt, auf dem Fürstenkongreß. Dieser Kongreß brachte zwar kaum ernsthafte Ergebnisse, bleib aber durch ausschweifende Feste, Jagdausflüge und allabendliche vergnügliche Theatervorstellungen in Erinnerung. Selbstverständlich wurden auch Joséphine und Alexander einander vorgestellt.

Louis Constant Wairy, der Kammerdiener Napoleons, erinnert sich später in seinen Memoiren daran, daß Alexander und Joséphine eine Nacht miteinander verbracht haben. Während Napoleon selbst nach einem langen und arbeitsreichen Tag friedlich in seinem privaten Schlafzimmer ruhte. Nach dieser Nacht soll der russische Zar die vierzehn Jahre ältere Joséphine jeden Morgen für längere Zeit in ihrem Schlafzimmer besucht haben.

Alexander und Joséphine befanden sich zu jener Zeit in schwierigen Lebensphasen.

Kaiserin Elisabeth Alexejewna, die Ehefrau Alexanders, hatte kurz zuvor ihre Tochter Elisabeth verloren, die nicht einmal zwei Jahre alt wurde. Außerdem gab es Gerüchte, daß die Kaiserin Liebhaber hätte und Elisabeth nicht die Tochter Alexanders gewesen sein soll.

Joséphines Ehe stand ebenso auf der Kippe. Napoleon war klar geworden, daß sie ihm keinen Erben schenken konnte. 1809 wurde die Ehe dann geschieden aber Joséphine behielt den Titel der Kaiserin von Frankreich und blieb Napoleon freundschaftlich verbunden.

Erst fast sechs Jahre später, im April 1814, sollten Joséphine und Alexander sich wiedersehen. Zar Alexander I. war an der Spitze seiner siegreichen Truppen in Paris eingezogen, hatte Napoleon gestürzt und die bourbonische Monarchie formell wieder hergestellt.

Ich wäre sehr gerne früher zun Ihnen gekommen soll der Zar zu Joséphine gesagt haben aber Ihre tapferen Soldaten haben mich aufgehalten. Alexander muß über die "ärmlichen Verhältnisse", in denen die Ex-Kaiserin im Château de Malmaison, einem Schloss in der Nähe von Paris, lebte, bestürzt gewesen sein. Seinen Untertanen gab er den Befehl, Joséphine und ihre Familie zu schützen und zu unterstützen.

In der Folgezeit besuchte Alexander I. Joséphine öfter auf dem Château de Malmaison. Die beiden unternahmen sehr lange Spaziergänge und tauschten teure Geschenke aus.

Die politische Gesellschaft betrachtete das mit zunehmendem Mißtrauen. Der Zar vergnügte sich nicht am Hof sondern traf sich mit der Ex-Kaiserin, die in den Augen der Öffentlichkeit immer noch Napoleon repräsentierte.

Ende Mai 1814 wurde Joséphine plötzlich sehr krank und starb schon wenige Tage später. Angeblich hatte sie sich bei den Spaziergängen eine Lungenentzündung zugezogen.

Es gibt aber auch eine andere Version: Charles-Maurice de Talleyrand, der französische Außen- und spätere Premierminister, soll die Zusammenkünfte zwischen Alexander I. und Joséphine mit größtem Mißtrauen betrachtet haben. Möglicherweise vermutete er eine Intrige, die zur Ablösung Ludwigs XVIII. durch Napoleons Sohn, den dreijährigen Napoleon II. mit seiner Mutter Marie-Loiuse als Regentin geführt hätte. Es war bekannt, dass Alexander I. Ludwig XVIII. verabscheute. Um das zu verhindern soll Talleyrad seinen Agenten den Auftrag gegeben haben, Joséphine zu vergiften.

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