Eingelagert und —  vergessen

Prozessionsbild Vorder- und Rückseite, 17. Jh. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Der Verlust von Kunst- und Kulturgütern hat nicht immer nur kriegsbedingte oder kriminelle Ursachen. Manchmal wird auch etwas einfach nur weggelegt und — vergessen.

So wie dieses seltene Prozessionsgemälde der Rosenkranzbruderschaft vom Jahr 1624. Mehr als fünfzig Jahre lag es unbeachtet in einem Lagerraum des Pfarrhofs der Wallfahrtskirche Basilika Minor Mariä Himmelfahrt Tuntenhausen (Lkr. Rosenheim), bis es 2019 zufällig beim Aufräumen wiederentdeckt wurde. Es hing seit den 1930er Jahren oberhalb der Empore und war im Zuge einer Orgelerweiterung abgehängt und eingelagert worden.

Beim Wiederauffinden befand sich das Bild allerdings in einem eher erbärmlichen Zustand. Die Leinwand war teils aus dem Rahmen gerissen, deformiert, der Rahmen selbst hatte ebenfalls Schaden genommen. Nach mehr als zweijährigen Restaurierungen wird es ab dem 15. August 2022 im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zur 80jährigen Erhebung der Kirche zur Basilika minor wieder der Öffentlichkeit präsentiert.

Das Prozessionsgemälde war ursprünglich Teil einer dreiteiligen Serie, die die fünfzehn Rosenkranzwunder thematisierte. Das wiedergefundene Bild ist vermutlich das letzte erhaltene Bild des Trios. Es zeigt auf der Vorderseite fünf Geheimnisse de glorreichen Rosenkranzes und auf der Rückseite die thronende Maria als Himmelskönigin. Im Gegensatz zu Fahnenbildern ist es in einen aufwändig gestalteten Rahmen eingefaßt.

Prozessionsbilder (Tragebilder) sind eigentlich an Stangen befestigt und dafür gedacht, bei Prozessionen im Zug mitgeführt zu werden. Trotz seiner beachtlichen Größe wiegt das Bild weniger als 10 kg.

Bild: Wikipedia

Die Wallfahrtskirche Tuntenhausen ist eine der ältesten Frauenkirchen Altbaierns. Sie existierte vermutlich schon kurz nach dem Jahr 1000, wurde 1226 vom damaligen Papst Honorius III. offiziell erwähnt und entwickelte sich rasch zu einem bedeutenden Ziel organisierter Wallfahrten und einzelner Pilger. Sie hatte über Jahrhunderte hinweg große Bedeutung, bis es im Zuge der Reformation zu einem Rückgang und 1803 durch die Säkularisierung zu einem vollständigen Niedergang der Wallfahrten kam. Sogar ein Abbruch der Kirche war vorgesehen, der allerdings verhindert wurde. Noch im 19. Jahrhundert wurden die Wallfahrten wieder aufgenommen, Am 24. Juni 1942, also vor genau achtzig Jahren, erhob Papst Pius XII. sie zur Basilika minor. Heute gehört die  Kirche neben Andechs und Altötting wieder zu einer der bedeutendsten Wallfahrtskirchen Bayerns.

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