Die Strafe Gottes

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2. Könige 2 beschreibt den letzten Tag im Leben des Propheten Elias auf der Erde. Gott hat ihn angewiesen, einen langen Marsch zurückzulegen. Die Route führt ihn über Gilgal, Bethel und Jericho zum Jordan. Elia weiß, daß am Ende dieser Wanderung seine Aufnahme in den Himmel steht. Ein jüngerer Mann geht mit ihm: Elisa. Er soll Gott als Prophet dienen, wie Elia es getan hatte.

Die Zeichnung zeigt die Szene wie die Kinder, die Elias vor Bethel verspottet haben, bestraft und von den Bären gefressen werden:

Und er ging hinauf nach Bethel. Und als er den Weg hinanging, kamen kleine Knaben zur Stadt heraus und verspotteten ihn und sprachen zu ihm: Kahlkopf, komm herauf! Kahlkopf, komm herauf! Und er wandte sich um, und als er sie sah, verfluchte er sie im Namen des Herrn. Da kamen zwei Bären aus dem Walde und zerrissen zweiundvierzig von den Kindern. Von dort ging er auf den Berg Karmel und kehrte von dort nach Samaria zurück.

—2 Könige 2, 23-25

The Punishment of the Children who Mocked Elisha in Bethel; The Widow before Elisha, um 1400–1410

Das Bild ist eine Illustration aus einer Ausgabe von um 1410 der Weltchronik des Rudolf von Ems (* um 1200, † 1254 ?). Diese Weltchronik ist die erste deutschsprachige Weltchronik und war Rudolfs letztes, dem König Konrad IV. zur Legitimation der Herrschaft der Staufer gewidmetes Werk. Rudolf von Ems, ein deutscher Ritter und produktiver Schriftsteller, verfaßte seine Weltchronik in deutscher Sprache gegen Mitte des 13. Jahrhunderts. In Reimpaaren verwebt die Chronik biblische, klassische und andere weltliche Texte zu einer kontinuierlichen Weltgeschichte, beginnend mit der Schöpfung. Sein übergreifendes Thema ist die Offenbarung von Gottes Heilsplan für die Christen im Laufe der Zeit. Geschrieben für Rudolfs Gönner, König Konrad IV., sollte das Werk mit einer Erläuterung der Rolle der Hohenstaufen in der Heilsgeschichte gipfeln aber Rudolf starb, bevor das Werk beendet war, nachdem er die Geschichte nur bis zu König Salomo abgeschlossen hatte.

Andere Texte aus dem dreizehnten Jahrhundert, darunter Bruder Philipps Leben der Jungfrau Maria, die Christherre-Chronik und eine Chronik von Jansen Enikel vervollständigten Rudolfs Chronik. Quellen sind außerdem die Vulgata, die Historia Scholastica des Petrus Comestor, die Imago Mundi von Honorius Augustodunensis und das Pantheon Gottfrieds von Viterbo.

Diese Version des Weltchronik im Getty Museum ist ein großes Buch, sechs Zoll dick, kopiert und illuminiert um 1400 bis 1410. Von den vielen erhaltenen Versionen dieses wichtigen Beispiels der mittelhochdeutschen Literatur ist die Kopie des Museums die am reichsten verzierte und enthält mehr als 380 Miniaturen. Lebhafte Farbgebung, kräftige Pinselführung und psychologische Intensität charakterisieren die Bilder des Buches.

Duke Albrecht IV the Wise and his Wife Kunigunde of Austria Adoring the Virgin

Die ersten bekannten Besitzer dieser Ausgabe waren Herzog Albrecht IV. von Bayern (* 1447, † 1508) und seine Frau Kunigunde von Habsburg (* 1465, † 1520).

Eine Weltchronik war ein für die Spätantike und das Mittelalter typisches Geschichtswerk, das den Anspruch erhob, die gesamte Weltgeschichte von der Erschaffung über die Antike bis in die jeweilige Gegenwart des Chronisten zu schildern. Unter Weltgeschichte ist in diesem Zusammenhang aber stets nur die historische Schilderung für den Teil der Welt zu verstehen, die dem Autor des jeweiligen Werks bekannt war und für den ihm Quellen zur Verfügung standen. Charakteristisch ist die Verflechtung biblischer und profaner Ereignisse, wodurch die Weltgeschichte als Heilsgeschichte gedeutet wird. Den Schwerpunkt der Darstellung bildeten meist die Herrschergeschichten der griechisch-römischen und der christlichen Ära.

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