Die Meditation
Das bemerkenswerte Bild von Vittore Carpaccio (* um 1460/66, † 1525 oder 26) ist eine Meditation über Tod und Auferstehung. Der Leichnam Christi wird auf einem in Pseudo-Hebräisch beschrifteten zerbrochenen Thron ausgestellt. Ein Vogel – als Symbol der Seele – fliegt nach oben. Die Landschaft – kontrastreich karg und üppig – spielt ebenso wie die Objekte auf die Themen Tod und Leben an.
Der alttestamentliche Prophet Hiob sitzt auf einem in Pseudo-Hebräisch beschrifteten Block, während gegenüber der heilige Hieronymus (* ca. 347, † 420), der einen Kommentar zum Buch Hiob verfaßt hat, zu sehen ist. Die Turbanfiguren im Hintergrund waren den venezianischen Malern wahrscheinlich durch ihren Handel mit dem Nahen Osten und Ägypten bekannt und sind eventuell eine Anspielung auf die Türkenkriege.
Hiob lebt mit seiner Frau und zehn Kindern als wohlhabender Mann im unbekannten Land Uz. Er besitzt 11.000 Tiere (Kamele, Schafe, Rinder und Esel) und hat zahlreiche Knechte und Mägde. Er wird als frommer Mann geschildert. Auf Gottes Frage (»Hast du auf meinen Knecht Hiob geachtet? Seinesgleichen gibt es nicht auf der Erde, so untadelig und rechtschaffen, er fürchtet Gott und meidet das Böse.«) antwortet der Satan, Hiob sei nur solange fromm, wie er in angenehmen Verhältnissen lebe (»Geschieht es ohne Grund, dass Hiob Gott fürchtet?«) und schlägt vor, Hiobs Gottesfurcht auf die Probe zu stellen. Gott läßt den Verlust allen Besitzes Hiobs zu sowie den plötzlichen Tod seiner zehn Kinder. Hiob nimmt die Schicksalsschläge an, ohne Gott zu verfluchen. Als Gott daraufhin dem Satan gegenüber die Frömmigkeit Hiobs rühmt, verlangt der Versucher, daß er Hiobs Gesundheit schädigen darf. Gott läßt auch das zu und Hiob erkrankt an einem bösartigen Geschwür »von der Fußsohle bis zum Scheitel«. Obwohl ihn seine Frau nun auffordert, diesen Gott, der so etwas zuläßt, zu verfluchen, bleibt Hiob bei seiner gottesfürchtigen Einstellung: »Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen?«.
Die Nachrichten von den Schicksalsschlägen, die Hiob in kurzer Folge ereilen, überbringt ihm jeweils ein Knecht, der als einziger den Schlag überlebte. Daher stammt der umgangssprachliche Ausdruck »Hiobsbotschaft« für eine schlimme Unglücksnachricht.
Im Epilog belohnt Gott Hiobs Treue. Weil er in all seinem Leid, seiner Armut und seiner Trauer seinem Gott dennoch die Treue hielt, erlöst Gott ihn von der Krankheit und segnet sein weiteres langes Leben damit, daß er ihn das Doppelte seines früheren Besitzes erwerben läßt. Auch werden Hiob sieben Söhne und drei Töchter (Jemima, Kezia und Keren-Happuch) geboren.
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