Die »Sachsenklemme«

Kämpfe nahe des heutigen Hotels Sachsenklemme am 4. August 1809, lavierte Federzeichnung Benitius Mayr, 1809 TLM

Fährt man über die Brennerautobahn nach Italien, stößt man kurz nach der Abfahrt Sterzing auf eine Hinweistafel mit der Aufschrift Sachsenklemme. Unweit davon befindet sich ein gleichnamiges Hotel sowie ein Denkmal in Form eines Obelisken. Auf der Vorderseite des Sockels steht Zur Erinnerung der gefallenen Tiroler Landes-Verteidiger, die für Gott, Kaiser und Vaterland siegreich in Kampf und Tod gingen, auf der der rechten Seite Zum Andenken an die in dieser Talenge gefallenen heldenmütigen bayrischen Krieger und auf der linken Seite Zum Gedächtnis der tapferen Sachsen, welche hier gefallen sind.

Aber es geht hier nicht, wie man glauben könnte, um Sachsen aus Chemnitz, Dresden oder Leipzig, sondern vielmehr um Sachsen aus Jena, Weimar oder Eisenach. — Huh?!

Mit dem Ende des thüringisch-hessischen Erbfolgekrieges 1264 fiel ein großer Teil der Landgrafschaft Thüringen an das Haus Wettin, also an die Sachsen. Diese beherrschten bis zum Ende der Monarchie, 1918, den größten Teil des heutigen Bundeslandes Thüringen. Das heutige Thüringen war für rund 650 Jahre Obersachsen.

1485 wurde das gesamte wettinische Gebiet aufgeteilt (Leipziger Teilung). Der östliche Teil ging an die jüngeren Albertiner, der westliche Teil an die älteren Ernestiner. Lediglich ein Streifen an der Unstrut blieb im Besitz der Albertiner.

Das ernestinische Sachsen im Jahre 1519

Weitere Gebietsteilungen führten zu einem Flickenteppich aus kleineren und kleinsten Staaten.

Kleinstaaten um 1680

Zurück zur Sachsenklemme:

Napoleon Bonaparte besiegte 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt das Königreich Preußen — und damit auch die mit Preußen verbündeten Sächsischen Herzogtümer. Das gesamte Gebiet wurde von napoleonischen Truppen besetzt.

Von Napoleon vor die Wahl Auflösung der Herzogtümer oder Bündnis gestellt, traten die (seinerzeit) fünf Sächsisch-Ernestinischen Herzöge (Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen und Sachsen-Coburg) dem mit dem kaiserlichen Frankreich alliierten Rheinbund bei. Die Schwarzburger (Sondershausen und Rudolstadt) sowie die reußischen Fürsten (Greiz, Ebersdorf, Schleiz und Lobenstein) folgten.

Zu den (neuen) Bündnisverpflichtungen gehörte die Stellung von Truppenkontingenten. Als Teil der sog. Fürstendivision kämpften sächsische ("thüringische") Truppen die nächsten sechs Jahre gegen Napoleons Feinde. Geführt wurden sie hauptsächlich von dem Weimarer Obersten Freiherr von Egloffstein.

Am 4. und 5. August 1809, während des Tiroler Freiheitskampfes im Zuge des Fünften Koalitionskrieges, rückte der französische General Lefebvre mit seinen Truppen in Richtung Süd-Tirol vor. Mit ihm Soldaten der Fürstendvision und insbesondere auch 2.200 Mann des Regimentes Herzöge von Sachsen (Regiment Ducs de Saxe). In der Nähe von Franzensfeste kam es zu einem entscheidenden Gefecht: 500 Tiroler Schützen unter dem Kommando von Peter Mayr rieben den Verband im vom Eisack, dem zweitlängster Fluß Süd-Tirols, schluchtartig ausgeformten Tal fast komplett auf. Nach diesem Ereignis wurde das Tal später Sachsenklemme benannt. Das Kontingent sächsischer ("thüringischer") Truppen hatte die Hauptlast des Kampfes getragen. Um die 1.000 Mann wurden getötet, verwundet oder gerieten in Gefangenschaft. (Die erst kürzlich wieder genannte Zahl von alleine 1.000 Toten dürfte reichlich übertrieben sein.)

Das Regiment Herzöge von Sachsen kämpfte zwischen Ober und Unter Au. Seine Stellungen sind blau und gelblich/grünlich eingezeichnet.

Kartenskizze zu den Kämpfen im Eisacktal am 4. und 5. August 1809, Federzeichnung von Carl August v. Arnswald, 1809

Die sächsischen ("thüringischen") Soldaten mußten danach noch weitere vier Jahre für Napoleon kämpfen. Ein Teil erlebte das Ende des Befreiungskrieges als Besatzung der Festung Danzig. Annähernd 5.000 "Sachsen" aus Jena, Weimar oder Eisenach hatten in den sechs Jahren des Krieges ihr Leben gelassen.

100 Jahre später, 1909, wurde zum Gedenken an die Ereignisse in der Sachsenklemme der Obelisk eingeweiht.

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