Die bekannteste Wiese der Welt

Ferdinand Hodler, Hüglige Landschaft mit Raben im Berner Oberland, 1910

Ferdinand Hodler (* 1853, † 1918) war ein Schweizer Maler des Symbolismus und des Jugendstils. Er gilt als einer der bekanntesten Schweizer Maler des 19. Jahrhunderts. Seine späten, expressionistisch anmutenden einfachen Landschaftsgemälde machen ihn auch zu einem der bedeutendsten Maler der Alpenlandschaft.

Selbstbildnis mit aufgerissenen Augen III, 1912

Hodler rang erbittert darum, die Welt, wie sie ist, zu verstehen und sein eigenes Weltbild auszudrücken. Er strebte nach kompromissloser Wahrheitsliebe gegenüber der Natur und der menschlichen Schönheit. Ich setze die Wahrheit über die Schönheit – ich kann nicht anders, schrieb er 1883. Er schuf einige Werke, die in diesem Sinne Signale und Wirkungen seiner Auseinandersetzung mit Natur, Schönheit und geschichtlichen Werten sind. Das stieß, insbesondere in Kreisen des konservativen schweizer Bürgertums, nicht immer auf Gegenliebe.

So wurde die Ausstellung seines Bildes Die Nacht im Musée Rath in Genf in letzter Minute verhindert und das Gemälde als sittenwidrig verurteilt. Da der Direktor des Landesmuseums, Heinrich Angst, 1897 Hodlers Entwürfe zur Ausschmückung der Waffenhalle boykottierte, entwickelte sich der grösste Kunststreit, den es bis zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz gegeben hatte. Erst als eine Delegation des Bundesrats aus Bern Hodlers Werke abzusegnete, konnte der Streit beigelegt werden. In dieser und zahlreichen ähnlich gelagerten Auseinandersetzungen ging es immer wieder um den Sinn und die Rolle der Kunst.

Während des Ersten Weltkrieges wurde die Kathedrale von Reims durch deutsches Artilleriefeuer schwer beschädigt, unter anderem wurde der hölzerne Dachstuhl aus dem 15. Jahrhundert komplett zerstört. Am 19. September 1914 schlugen insgesamt 25 Geschosse in das Bauwerk ein und setzten zunächst das Gerüst am Nordturm in Brand. Bei seinem Einsturz beschädigte es den Skulpturenschmuck der Fassade. Das Feuer griff auf den Dachstuhl über, der völlig ausbrannte. Das Bleidach schmolz, auch ein großer Teil der mittelalterlichen Glasfenster wurde zerstört.

Beschießung der Kathedrale durch deutsche Artillerie 1914

Um den Beschuß der Kathedrale entbrannte umgehend eine erbitterte Propagandaschlacht zwischen den Intellektuellen Frankreichs und Deutschlands. Noch nie zuvor hatte der Angriff auf ein Baudenkmal einen derartigen Sturm an Empörung in Texten und Bildern ausgelöst. Die Franzosen unterstellten den Deutschen die volle Absicht der Zerstörung, die Deutschen rechtfertigten sich mit einem "Versehen". Das wurde natürlich nicht geglaubt und Postkarten mit der zerstörten Kathedrale wurde zu einem vielfach gedruckten Symbol des deutschen Vandalentums.

(Mittlerweile steht übrigens ziemlich fest, daß der Beschuß der Kathedrale tatsächlich auf Grund eines Irrtums erfolgte. Der verantwortliche deutsche Kommandeur hatte die gewaltigen Holzgerüste für militärische Beobachtungstürme gehalten und nicht erkannt, daß er tatsächlich die Kathedrale beschoß. Thomas W. Gaehtgens: Die brennende Kathedrale. 2018)

Der im Oktober in vielen deutschen Zeitungen abgedruckte Aufruf An die Kulturwelt!, unterzeichnet von 93 namhaften Wissenschaftlern und Künstlern, von Max Planck bis Max Liebermann, machte nichts besser. Ganz im Gegenteil. Aber so wenig wir uns in der Liebe zur Kunst von irgend jemand übertreffen lassen, so entscheiden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines Kunstwerks mit einer deutschen Niederlage zu erkaufen. Das war nur noch Öl in die französischen Feuer und die geistige Niederlage war nicht mehr abzuwenden. Das Manifest der 93 vergiftete die intellektuellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern endgültig.

Mitten in dieser aufgeheizten Stimmung unterschrieb Hodler einen Protestbrief gegen den Beschuß. Daraufhin wurde er in Deutschland aus fast allen Künstlervereinigungen ausgeschlossen. Um das Gemälde Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg 1813 entspann sich daraufhin einer der größten Kunstskandale des Kaiserreichs — seither unverlierbar als der Fall Hodler im Schwarzbuch der europäischen Kulturgeschichte eingeschrieben.

Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg 1813

1907 hatte die Universität in Jena Hodler mit dem monumentalen Gemälde aus der Geschichte der deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon beauftragt. Hodler gestaltete das Thema in äußerster Heroik. Die emotionale Art der Darstellung lieferte dem deutschen Publikum den Beweis, daß der in der deutschen Schweiz gebürtige Hodler in der sich anbahnenden Auseinandersetzung mit Frankreich auf der richtigen d.h. deutschen Seite stand.

Der von Hodler unterschriebene Protestbrief brandmarkte die Beschießung der Kathedrale öffentlich als Kulturbarbarei. Das wurde ihm umgehend als Verrat an der deutschen Sache ausgelegt. Plötzlich galt Hodler als Deutschfeind und es wurde von vielen Seiten kritisiert, daß man überhaupt ein solch erhebendes nationales Ereignis von einem Schweizer hatte malen lassen. Der es schon qua Nationalität (so die Auffassung unter den Gelehrten) weder recht zu empfinden noch auszudrücken wisse. Man glaubt nun, schon in der Farbgebung, in der verkrümmten, verrenkten Haltung der Soldaten etwas Undeutsches erkennen zu können.

Kurz nach Ausbruch der Affäre erschien im Jenaer Volksblatt ein von Ernst Haeckel, dem berühmten Jenaer Zoologen, verfaßter und an Hodler adressierter offener Brief, der in vielen deutschen Zeitungsblättern nachgedruckt wurde. Darin wurde gefordert, das Bild meistbietend zu versteigern und den Erlös dem Roten Kreuz zu spenden. Es fanden sich tatsächlich Interessenten, die bis zu 50.000 Mark zu zahlen bereit waren.

Aber dem Senat der Universität war das alles schon zu viel Aufsehen. Um weiteren Wirbel zu vermeiden entschied er gegen einen Verkauf. Der Senat fürchtete, wegen der Bekanntheit Hodlers, die Stadt aber auch die Deutschen insgesamt in noch schlechteres Licht zu rücken. Er argumentierte, das Bild könne als Privatbesitz der Universität nicht versteigert werden und beschloß, es vorerst in Schutzhaft zu nehmen, d.h. es mit einem Bretterverschlag zu verdecken. An diesem Bretterverschlag brachte in der Folge der Leiter des geographischen Instituts, Professor Gustav von Zahn, Kriegsschauplatz und Verlaufskarten und Feldpostbriefe unserer Kommilitonen an und hielt davor seine Vorlesungen.

Hodler nahm noch 1914 in einem Telegramm an Walter Eucken (der bei dem Bild Modell gestanden hatte) zu seiner Unterschrift und dem Protestbrief Stellung. Er rechtfertigte sich, er habe nicht gegen Deutschland, sondern gegen die Zerstörung von Kunstwerken protestieren wollen. Sein Protest sei daher nicht politisch, sondern kulturell motiviert. Es nutzte ihm nichts. Auch Eucken vertrat mittlerweile die Ansicht, daß das Gemälde entfernt gehöre. Allerdings war sich Hodler auch darüber klar, daß er Künstler politisch agierte. Das äußerte er 1915 gegenüber seinem Freund Eberhard Grisebacht: denn wer Kunstwerke zerstöre, der trenne auch die Völker. Grisebach entgegnete, daß Deutschland nur noch Verbündete und Feinde kennen würde und daß alle kriegführenden Parteien durch eine Art Kriegsneurose sämtliche Maßstäbe verloren hätten.

(Im April 1919 entfernten Angehörige der freideutschen Jugend eigenmächtig die Bretterverkleidung vor dem Bild. Die Universitätsleitung sperrte die Öffentlichkeit zuerst noch durch eine Gittertür aus, gab es aber dennoch unmittelbar darauf wieder frei.)

Kopfstudie einer Italienerin, 1910

In der Kunstchronik, einem damals führenden Nachrichtenblatt der Kunstszene, erschien unter dem Stichwort Irregeleiteter Patriotismus ein Kurzbericht: In der modernen Abteilung der Gemäldegalerie [des Wallraf-Richartz-Museums] findet eine neue Sehenswürdigkeit viel Beachtung. Mitten zwischen den Bildern hängt dort eine Tafel, auf der zu lesen steht: "An dieser Stelle hing ein Bild von Ferdinand Hodler, der sich nicht gescheut hat, einen Genfer Protest mit zu unterzeichnen, in dem die Rede ist von einem ungerechtfertigten Attentat der Vernichtung der Kathedrale in Reims, das … einen neuen Akt der Barbarei bedeute und die ganze Menschheit herausfordere.

Das  kleine Bild Kopfstudie einer Italienerin wurde gewiß nicht von der Emotion der großen Geschichte berührt, wurde aber wegen seines Schöpfers voller Empörung von der Direktion des Museums gewissermaßen ebenfall in Ersatzhaft genommen und hatte so erstaunlicherweise tatsächlich eine politische Wirkung.

Charles O'Rear, Bucolic Green Hills/Bliss, 1996

Der ehemalige National-Geopgraphic-Fotograf Charles O'Rear (* 1941) machte das Foto eher zufällig im Januar des Jahres 1996 im Napa Valley, Sonoma County in Kalifornien (USA) als er sich auf dem Highway 121 auf dem Weg zu seiner damaligen Freundin, die er später auch heiratete, befand. O'Rear benutzte eine Mittelformat-Kamera, eine Mamiya RZ67, die mit Fuji Velvia geladen war. Es zeigt einen ursprünglich für den Weinanbau genutzten Hügel, der wegen Phylloxera-Befalls mit Gras bedeckt war. Anschließend lud er das Bild als Stock-Foto unter dem Namen Bucolic Green Hills auf die Foto-Plattform Westlight. 1998 wurde die Plattform von der von Bill Gates gegründeten Firma Corbis übernommen. Im Jahr 2000 kaufte Microsoft von O'Rear letztlich die Rechte an dem Bild für einen ungenannten Betrag. O'Rear sagte dazu selbst, es sei die zweithöchste Summe, die seinerzeit je für ein einzelnes Bild gezahlt worden sei. Aber der Vertrag verbiete ihm, die genaue Summe zu nennen. Teurer war damals nur jenes Foto, das Bill Clinton zeigte, wie er Monica Lewinsky umarmte.

Photographers like to become famous for pictures they created, I didn't 'create' this. I just happened to be there at the right moment and documented it. I had no idea when I took the photograph that anything like that could happen. It is probably the most recognized photo on the planet.

—O'Rear on making Bliss

Fotografen werden oft für Bilder berühmt, die sie geschaffen haben. Ich habe das nicht "erschaffen". Ich war einfach im richtigen Moment da und habe es dokumentiert. Als ich das Foto machte, hatte ich keine Ahnung, dass so etwas passieren könnte. Es ist wahrscheinlich das bekannteste Foto auf dem Planeten.

Charles »Chuck« O'Rear

Das Bild wurde Teil der 200 Mio. $ Kampagne Yes You Can zur Einführung von Windows XP. Mehr als eine Milliarde Menschen, so schätzt man, hat das Bild gesehen. Deutlich mehr als die Mona Lisa. Es war der Hintergrund auf Computerbildschirmen im Weißen Haus, im Kreml, in Bergdörfern in China und Vietnam, in nordkoreanischen Kraftwerken.

Der Aufnahme-Ort des Fotos war mehrere Jahre nach der Veröffentlichung von XP nicht allgemein bekannt. Das heizte natürlich Spekulationen darüber an, wo sich die Landschaft befand. Vermutungen umfaßten Orte in Frankreich, England, der Schweiz, der Region North Otago in Neuseeland, im Südosten von Washington und sogar im Süden von Tübingen in Deutschland. Niederländische Benutzer glaubten, daß das Foto in der irischen Grafschaft Kerry aufgenommen wurde, da das Bild in der niederländischen Version der Software Ireland genannt wurde. In ähnlicher Weise wurde das Bild in der portugiesischen Version Alentejo genannt, was dazu führte, dass Benutzer glaubten, es sei in der gleichnamigen Region Portugals aufgenommen worden. Andere meinten, daß das Bild überhaupt keinem realen Ort zeigte, dass der Himmel von einem separaten Bild stammt und mit dem Hügel zusammengefügt wurde.

Fotografen haben sich oft gefragt was Microsoft dazu bewogen hat, ausgerechnet dieses Bild zu wählen. Microsoft selbst hat diese Frage bisher unbeantwortet gelassen. Der britische Fotograf David Clark meint:

Kritiker könnten argumentieren, dass das Bild langweilig ist und keinen interessanten Punkt hat, während Befürworter sagen würden, dass die Beschwörung eines hellen, klaren Tages in einer wunderschönen Landschaft selbst das Thema ist.

Simon Goldin, Photograph of the hill at the Bliss location, Sonoma Valley, CA, 26 November 2006

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