Das 1. »Fake-Foto« der Welt

Hippolyte Bayard, Selbstportrait als Ertrunkener, 1840

Das Foto gilt als das erste bekannte Fake-Foto der Welt. Es zeigt den französischen Foto-Pionier Hippolyte Bayard (* 1801, † 1887), der sich selbst als Ertrunkenen inszeniert hat. Heute würde man sagen, es sei staged, also gestellt. Vermutlich handelt es sich daneben auch um das erste fotografische Selbstportrait ("Selfie") und um das erste Oben-Ohne-Foto der Welt.

Gemeinhin gilt Louis Jacques Mandé Daguerre (* 1787, † 1851) als der Erfinder der kommerziellen Fotografie. Das ist allerdings etwas umstritten, denn zu jener Zeit arbeiteten mehrere Personen völlig unabhängig voneinander an der Entwicklung fotografischer Verfahren. Neben Daguerre, William Henry Fox Talbot (* 1800, † 1877) und Joseph Nicéphore Niépce (* 1765, † 1833) gehörte auch Bayard zu diesem Kreis. Daß Daguerre letztlich das Rennen machte, hatte er wahrscheinlich auch seinen guten Beziehungen zu dem einflußreichen Physiker, Astronomen und Politiker François Jean Dominique Arago, dem Leiter des Pariser Observatoriums und Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften, zu verdanken. (Es bewahrheitet sich: Beziehungen schaden dem, der keine hat.)

Während Daguerre ausschließlich mit lichtempfindlich gemachten Metallplatten experimentierte, hatte Bayard ein Verfahren mit gewöhnlichem Papier entwickelt. Mit beiden Methoden entstand ein Direkt-Positiv — ohne Umweg über ein Negativ. Jedes Foto war ein Unikat, was seine Wertschätzung seinerzeit allerdings eher erhöhte.

Dennoch: Am 24. Juni 1839 stellte Bayard 30 seiner direktpositiven Papierbilder in der Salle des Commissaires-prisseurs in Paris öffentlich aus — die erste Fotoausstellung der Welt. Erst am 19. August 1839, also fast zwei Monate später, veröffentlichte François Arago vor der Akademie die Patentschrift der Daguerreotypie.

Das Bild Autoportrait en noyé ("Selbstportrait als Ertrunkener") inszenierte Bayard als Reaktion auf diese Niederlage.

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