Bad? Bordell? Hochzeitsnacht?

Im Pariser Louvre kann man keine Kunst kaufen. Im Carrousel du Louvre, der unterirdischen Pariser Einkaufspassage, hingegen schon. So auch die obige Szene des Flamen Martin van Cleve (* um 1527; † um 1581). Sie wird vom Brüsseler Händler Costermans für rund 100.000 € angeboten.

Marten (Martin) van Cleve der Ältere war ein flämischer Maler und Zeichner, der zwischen 1551 und 1581 in Antwerpen tätig war. Er ist vor allem für seine Genre-Szenen mit Bauern und Landschaften bekannt, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Werk von Pieter Bruegel dem Älteren aufweisen. Seine Themen und Kompositionen  beeinflußten maßgeblich das Werk von Pieter Brueghel dem Jüngeren und anderen Genremalern seiner Generation. Trotzdem sind Details über das Leben von Marten van Cleve rar. Er wurde in Antwerpen als Sohn von Willem van Cleve dem Älteren geboren, einem Meister der Antwerpener Lukasgilde. Nach eigenen Angaben in einer Urkunde vom 2. April 1567 war er damals 40 Jahre alt. Deswegen wird angenommen, daß van Cleve 1526 oder 1527 geboren wurde. Martens älterer Bruder Hendrick van Cleve III und sein jüngerer Bruder Willem van Cleve der Jüngere waren ebenfalls Maler.

Marten van Cleve lernte zunächst bei seinem Vater, anschließend möglicherweise bei Frans Floris, dem seiner Zeit führenden flämischen Historienmaler. Belege hierfür sind nicht bekannt. Allerdings gibt es im Frühwerk van Cleves auffällige stilistische Ähnlichkeiten mit Werken von Frans Floris, so daß die Vermutung plausibel erscheint. Van Cleve folgte auch nicht dem Trend anderer flämischer Maler des 16. Jahrhunderts, in Italien zu studieren. Dies mag erklären, warum van Cleves Werk nicht den Einfluss des italienischen Manierismus mit seinen unrealistischen Deformationen zeigt. 1551 wurde Marten van Cleve Meister in der Antwerpener Lukasgilde. Er heiratete am 7. Januar 1556 Maria de Greve und hatte mit ihr vier Söhne namens Gillis, Marten (genannt Marten der Jüngere), Joris und Nicolaas, die auch alle Maler wurden.

Van Cleve hatte fünf eingeschriebene Schüler. Einer seiner Schüler könnte Hans Jordaens gewesen sein. Zwischen 1560 und 1570 betrieb Marten van Cleve eine florierende Werkstatt. Die Mehrzahl ihrer Werke waren Kopien von Martens ursprünglichen Sujets. Wahrscheinlich arbeiteten auch seine Söhne in seinem Atelier mit. Außerdem wirkte er regelmäßig mit einer Reihe prominenter Landschaftsmaler zusammen. Marten van Cleve starb 1581, als er an Gicht und Rheuma litt.

Martin van Cleve war hauptsächlich ein auf bäuerliche Szenen und Landschaften spezialisierter Genremaler. Er stellte überwiegend Szenen von Bauernhochzeiten und -bällen, Kirmessen, raufenden Bauern und Soldaten sowie plündernde Soldaten dar, die den Einfluß von Pieter Bruegel dem Älteren auf seine Arbeiten zeigen .Da nur fünf seiner Werke signiert und dokumentiert sind, ist die Zuschreibung von Werken an ihn schwierig und mußte schon mehrfach korrigiert werden.

Kunsthistorisches Museum Wien

Sein ältestes beglaubigtes Werk ist der Bauernhof mit Besuchern, das 1659 in das Inventar des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich aufgenommen wurde. Es gilt als Jugendarbeit und zeigt die große Küche eines Bauernhofs. Ein Ehepaar aus der Stadt ist in der Küche, um ihr Kind zu besuchen, das sie einer Amme anvertraut hat. Das auf um 1555/60 datierte Werk zeigt den Einfluss von Frans Floris in seinem fließenden Pinselstrich. Die Themenwahl wurde wahrscheinlich von Pieter Aertsens Bauernszenen aus der Zeit zwischen 1550 und 1560 beeinflusst. Im Gegensatz zu Aertsen ist van Cleves Umgang mit dem Raum moderner und sein Werk frei von Einflüssen des Manierismus der flämischen Romanisten, die sich von zeitgenössischer italienischer Kunst inspirieren ließen. Der Einfluss von Pieter Brueghel dem Älteren ist in diesem Frühwerk noch nicht sichtbar.

In den 1560er Jahren geriet van Cleve unter den Einfluss von Pieter Bruegel dem Älteren. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Werk Bruegels (insbesondere in der Anzahl der abgebildeten Figuren) ist unverkennbar und hat oft zu einer allerdings nicht zu rechtfertigenden Kategorisierung van Cleves als Anhänger Bruegels geführt. Er war jedoch nie ein Nachahmer dieses Meisters. Er übernahm von Bruegel bestimmte Themen und bäuerliche Typen, war aber nicht daran interessiert, einige der reaktionären Aspekte von Bruegels Werk, wie die Rückkehr zu Hieronymus Boschs Surrealismus und Joachim Patinirs Weltlandschaften zu verfolgen. Insgesamt sind van Cleves Szenen eher beschreibend als allegorisch. Im Gegensatz zu Bruegel zeigte er auch ein stärkeres Interesse am Realismus und wählte häufiger niedrigere Standpunkte für seine Szenen.

Kunsthistorisches Museum Wien

Ein weiteres authentisches Werk ist der Ausgeweidete Ochse, der mit „M(v)G“ in Ligatur monogrammiert und 1566 datiert ist.

Es ist einem Werk von Joachim Beukelaer, dem Geschlachteten Schwein, sehr änlich. Aber während Beuckelaers Werk eindeutig ein Stillleben ist, ist van Cleves Komposition ein Genrewerk, das die anekdotischen und Genreaspekte des Werks betont.

Van Cleves Komposition kann auch eine allegorische Bedeutung haben. Ein kleiner Junge, der auf der Türschwelle sitzt, macht eine Seifenblase. Die Blase ist eigentlich die Blase des Ochsen, damals ein Kinderspielzeug. Es ist möglich, dass der Seifenblasen-Junge eine Anspielung auf das Motiv des Homo Bulla ist, die Vorstellung, dass das Leben nur eine Seifenblase ist, die nur sehr kurze Zeit währt. Der tote Ochse selbst erinnert an den Tod und ist somit mit der Idee des Memento Mori verbunden, der Vorstellung, dass Menschen sich daran erinnern sollten, dass sie sterblich sind.

Eremitage

Zusammen mit dem Karneval in einem Dorf mit tanzenden Bettlern, datiert 1579, zeigt der ausgeweidete Ochse, daß van Cleve einen breiten und freien Pinselstrich bevorzugte. Für den Karneval im Dorf hat van Cleve auch verschiedene Motive aus den Werken von Pieter Bruegel dem Älteren verwendet.

Martin van Cleve entwickelte auch eine Reihe neuer Motive, wie bspw. das Getränk des Königs, dessen Original wahrscheinlich 1965 bei Kunsthandel Abels in Köln verkauft wurde. Dieses von van Cleve erfundene Motiv wurde im nächsten Jahrhundert sehr beliebt. Sein Der gute Hirte war eine weitere originelle Schöpfung, die weithin nachgeahmt wurde. Viele flämische Künstler, insbesondere Pieter Bruegel der Jüngere, ließen sich von diesen Motiven inspirieren. Es wird angenommen, daß Martin van Cleve einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Stils von Pieter Brueghel den Jüngeren hatte.

Die Bauernhochzeit war ein beliebtes Thema Kleves. Er kehrte häufig zu diesem Thema zurück und stellte seine verschiedenen Rituale und Zeremonien dar, meist in Form von Zyklen kleiner Tafeln. Sein Hochzeitszug wurde sowohl von seiner Werkstatt als auch von Pieter Bruegel dem Jüngeren weitgehend kopiert. Ein weiteres beliebtes Thema von van Cleve war Das Massaker an den Unschuldigen und seine Version dieses Themas wurde noch häufiger kopiert als die Version von Pieter Bruegel dem Älteren. Die Zuschreibung an van Cleve und seine Werkstatt der verschiedenen Fassungen des Massakers an den Unschuldigen wurde aus stilistischen Gründen in Frage gestellt, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass van Cleve der malerischere Umgang mit Farbe zugeschrieben wird, fehlt in diesem Werk.

Marten van Cleve arbeitete mit vielen prominenten Landschaftsmalern zusammen, darunter Gillis van Coninxloo, Gillis Mostaert und Jacob Grimmer sowie mit seinem Bruder Hendrick, für den er die Figuren malte. Hendrick erwiderte dies und fügte Martens Figurenstücken Landschaftshintergründe hinzu. Marten van Cleve wurden viele Entwürfe für Drucke zugeschrieben, die von Antwerpener Druckern und Verlegern, darunter Willem van Haecht, herausgegeben wurden. Es wird angenommen, dass Marten van Cleve während seiner Lehrzeit in der Werkstatt von Frans Floris bei der Vorbereitung von Druckentwürfen nach Vorzeichnungen von Frans Floris assistierte. Ein Beispiel ist van Cleves signierte Zeichnung von Arachne, die nach Floris' Entwurf angefertigt wurde. Diese Zeichnung wurde dann von Philip Galle als Grundlage für seinen Stich von Arachne oder Die Textilindustrie verwendet. In seinen Drucken blieb van Cleve näher an den Entwürfen seines Meisters Floris. Prominente Stecher wie die Brüder Wierix, Hans Bol, Philip Fruytiers, Johann Sadeler, Balthazar van den Bos und Philip Galle gravierten die Drucke nach van Cleves Entwürfen.

Apropos Kunst im Louvre kaufen: 2020 regte ein französischer Unternehmer an, zur Deckung der Corona-Kosten die Mona Lisa für 50 Mrd. € zu verscheuern. Aber aus dem Geschäft wurde nichts.

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